Das Problem mit dem iPad Pro…
Das iPad Pro ist ein beeindruckendes Produkt. Unheimlich dünn und extrem leistungsstark, ist es mit dem Apple Pencil ein geniales Werkzeug für viele Künstler draußen. Ich liebte mein erstes iPad Pro und das Modell aus 2020. Ich nutzte es im Alltag, um wirklich die vielfältigsten Aufgaben zu erledigen. Ich schrieb damit meine Skripte, erstellte Storyboards, bearbeitete Bilder, surfte im Web, sah mir Filme an und so vieles mehr.
Doch mein aktuelles iPad, was zugegebenermaßen kein Pro Modell mehr ist, liegt jetzt schon seit fast einem Jahr fast ausschließlich in der Schublade und ist dementsprechend auch fast immer leer, wenn man es mal verwenden möchte. Doch warum ist das so? Ich meine, die iPad Pros sind doch mit jedem Jahr immer besser geworden. Sie haben mittlerweile leistungsstarke M-Prozessoren, unterstützen externe Monitore, Multitasking und sogar viele professionelle Apps – mehrere Punkte, die ich in meinen damaligen Reviews vom iPad Pro aus 2020 kritisiert habe.
Trotzdem scheint die Zielgruppe, für die ein iPad Pro heutzutage wirklich interessant ist, immer kleiner zu werden. Um zu verstehen, warum das so ist, müssen wir ganz an den Anfang zurückgehen.
2010 - das erste iPad
Wir starten unsere Zeitreise im Jahr 2010, als Apple das erste iPad auf den Markt brachte. Die Vision bestand darin, ein Gerät zu schaffen, das die Lücke zwischen dem iPhone und dem MacBook sinnvoll schließt. Hierfür musste es jedoch in bestimmten Schlüsselbereichen besser sein als sowohl ein iPhone als auch ein MacBook.
Apple selbst positionierte das iPad damals als überlegen für die folgenden Anwendungen. Ich war zwar damals selbst nicht dabei, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das iPad in zumindest einigen dieser Anwendungen tatsächlich überlegen war. Insbesondere beim Lesen von Webseiten oder Büchern war es einfach ideal. In den anderen Bereichen hing es meiner Meinung nach aber auch damals schon stark vom Anwendungsfall ab, ob ein iPad in der individuellen Situation besser ist als ein iPhone oder MacBook.
Und beim Beantworten von E-Mails frage ich mich bis heute, wie ein iPad da besser sein soll. Ich meine, auf einem iPhone kann man viel entspannter mobil tippen und auf dem MacBook viel entspannter zu Hause.
2015 - das erste iPad mit Apple Pencil
Das Jahr 2015 markierte dann den ersten Wendepunkt. Apple präsentierte das erste iPad Pro mit Unterstützung für den Apple Pencil. Das erweiterte die Fähigkeiten des iPads deutlich und positionierte es als potenzielles Werkzeug für kreative Nutzer. Mit dem iPad Pro und dem Apple Pencil konnte man nun zeichnen, malen oder sich Notizen machen – Funktionen, die weder auf einem iPhone noch auf einem MacBook in dieser Form möglich waren.
2018 - das redesign des iPad Pros
Das Jahr 2018 brachte dann eine grundlegende Überarbeitung des iPad Pro Designs mit dünneren Displayrändern und einer generell moderneren Ästhetik. Der Apple Pencil der zweiten Generation wurde vorgestellt und verbesserte die Benutzererfahrung deutlich. Er konnte sich plötzlich magnetisch am iPad Pro selbst befestigen und wurde dabei auch noch drahtlos aufgeladen – viel besser als das Aufladen des ersten Apple Pencil über den Lightning Connector direkt am iPad.
Das Problem zu diesem Zeitpunkt war die Software-Oberfläche, also iPadOS, die einfach noch deutlich schlechter und unflexibler war als MacOS. Im Wesentlichen war es nur eine vergrößerte Version von iOS, halt mit darauf optimierten Apps, aber auch relativ wenigen wirklich professionellen Anwendungen.
2020 - der Höhepunkt des iPads
Im Jahr 2020 erreichte das iPad Pro meiner Meinung nach seinen absoluten Höhepunkt. Das 2020er iPad Pro, kombiniert mit dem Magic Keyboard, bot nun eine vollständige Tastatur- und Trackpad-Unterstützung. Zum ersten Mal war das iPad Pro softwareseitig einem MacBook nicht mehr weit unterlegen und konnte hardwareseitig ein ebenso teures MacBook Air an vielen Stellen sogar übertrumpfen.
Verglichen mit einem ähnlich teuren MacBook Air hatte das iPad Pro diverse Vorteile. Es war deutlich leistungsstärker, hatte ein besseres Display, bessere Kameras und bessere Lautsprecher. Dabei blieb es trotzdem ein iPad, also ein Tablet, ein Touch-First-Gerät mit Apple Pencil Unterstützung. Letzteres war allein schon ein riesiger Pluspunkt für das iPad. Dementsprechend nutzte ich persönlich mein iPad Pro mit einem Magic Keyboard damals wirklich für alles – bis auf Videoschnitt, da es dafür keine wirklich gute Software auf einem iPad gab und das auf einem Mac einfach besser funktionierte.
Damals empfahl ich das iPad Pro auch den meisten Leuten, die einfach nur eine Art Laptop für den Alltag, die Uni oder sogar für spezielle Aufgaben wie Bildbearbeitung suchten. Denn mit einem iPad und einem Magic Keyboard konnte man viele Dinge deutlich besser erledigen als auf einem MacBook. Lediglich diejenigen, die beispielsweise viel schreiben wollten auf einer richtigen Tastatur oder bestimmte Anwendungen bzw. Software benötigten, die es auf dem iPad nicht gab, für die war natürlich ein MacBook die bessere Wahl.
Aber damals würde ich definitiv sagen, dass das iPad eindeutig die Nase vorn hatte und dementsprechend für viele Menschen da draußen eine wirklich gute Wahl war.
Ende 2020 - der Fall des iPads...
Das Blatt begann sich jedoch bereits Ende 2020 wieder zu wenden. Apple wandte sich von Intel ab und begann, in ihren MacBook Modellen ebenfalls eigene Prozessoren zu verbauen. Plötzlich war das MacBook Air leistungsfähiger und bot eine deutlich bessere Akkulaufzeit als das iPad Pro. Die Unterschiede waren so gravierend, dass das MacBook Air das iPad Pro in rasanter Geschwindigkeit überholte. Mit einem MacBook Air für gut 1000 Euro konnte man plötzlich Dinge machen, für die man zuvor entweder ein stark ausgestattetes 16-Zoll MacBook Pro oder sogar einen stationären Computer wie einen iMac benötigte.
Damit wurden viele der bisherigen Kaufargumente des iPad Pros gegenüber dem MacBook zunichte gemacht. Letzteres bot nun nicht nur mehr Leistung und eine deutlich bessere Akkulaufzeit, sondern durch sein offenes Betriebssystem war es für die meisten Menschen da draußen einfach die überlegene Lösung. Mit einem MacBook Air konnte man jetzt anspruchsvolle Aufgaben wie Videoschnitt, Bildbearbeitung und vieles mehr erledigen, was zuvor undenkbar war. Auf dem iPad hatte man zwar teilweise aufgrund der besseren Leistung mehr Möglichkeiten, aber das MacBook bot insgesamt eine umfassendere und vielseitigere Arbeitsumgebung.
2021 - Apples Rettungsversuch war zu wenig
Apple versuchte zwar Anfang 2021, die Situation mit einem neuen iPad Pro zu verbessern, ausgestattet mit einem Mini LED Display und dem M1 Prozessor. Hardwareseitig konnte das iPad Pro so wieder zum MacBook Air aufschließen und in gewissen Punkten sogar an ihm vorbeiziehen. Trotzdem blieb das MacBook aufgrund der deutlich besseren Software und den umfangreicheren Anwendungen für MacOS für viele Menschen die überlegene Wahl.
Es ist anzumerken, dass das neue 12,9 Zoll iPad Pro mit dem M1 Prozessor und dem Mini LED Display plötzlich ziemlich teuer wurde. Es war dementsprechend auf einmal teurer als ein MacBook Air mit M1 Prozessor, was es wiederum weniger attraktiv machte.
Der Tod des iPad Pros durch die Pro und Max Prozessoren
Mit der Einführung der neuen 14- und 16-Zoll MacBook Pro Modelle gegen Ende 2021 waren die MacBook Modelle hardwareseitig den iPad Pro Modellen wieder weit überlegen. Das Kuriose dabei war, dass man damals und bis heute ein 14-Zoll MacBook Pro zu einem günstigeren Preis kaufen konnte als ein gleich ausgestattetes iPad Pro in der Größe von 12,9 Zoll mit Magic Keyboard und Apple Pencil. Dies erscheint in meinen Augen vollkommen absurd, denn das 14-Zoll MacBook Pro ist einfach in so vielen Anwendungsbereichen die deutlich bessere Wahl.
Es wird noch absurder, denn aktuell kann man sich sogar ein iPad Air mit Apple Pencil und ein M2- oder M1-MacBook Air kaufen und am Ende fast denselben Preis erzielen wie für ein vergleichbar ausgestattetes 12,9-Zoll iPad Pro mit Magic Keyboard und Apple Pencil. Dies scheint in meinen Augen vollkommen absurd zu sein, da die Kombination aus iPad Air und MacBook so viele mehr Möglichkeiten bietet.
Das aktuelle Problem mit dem iPad Pro
Und genau das ist aktuell mein großes Problem mit dem iPad Pro, insbesondere mit dem 12,9-Zoll-Modell. Es ist für das, was es bietet, einfach viel zu teuer. In meinen Augen fungiert es vor allem als ein überteuertes und überperformantes Zeichentablet. Im Umgang mit dem Apple Pencil ist es nach wie vor iPhone und MacBook weit überlegen. In so gut wie allen anderen Aspekten ist meiner Meinung nach jedoch entweder ein iPhone oder ein MacBook in fast allen Anwendungsszenarien fast immer die bessere Wahl.
Dementsprechend ist für die meisten Menschen da draußen eine Kombination aus MacBook Air und iPad Air definitiv die bessere Lösung. Mit dieser Kombination kann man einfach viel mehr erreichen.
Wie könnte Apple das Problem lösen?
Doch was könnte Apple jetzt tun, um dieses Dilemma zu lösen? Das einfachste wäre, den Preis des 12,9-Zoll iPad Pro massiv zu senken. Und wenn ich von massiv spreche, dann meine ich wirklich massiv. Im Apple Store müsste das grundlegende 12,9-Zoll iPad Pro um mindestens 300-400 € günstiger werden. Nur so würde es aktuell wieder irgendwie sinnvoll erscheinen.
Alternativ könnten sie dem aktuellen iPad Pro einzigartige Funktionen verleihen, die es wieder deutlich besser gegenüber einem iPhone oder MacBook positionieren lassen. Dadurch könnte es wieder für bestimmte Anwendungen die deutlich überlegene Lösung sein.
Den Artikel findet ihr auch als Video auf meinem YouTube Kanal: https://www.youtube.com/watch?v=IY8-dout5yE
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